Joseph Roth - der personifizierte Widerspruch

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... So jedenfalls sieht ihn Sebastian Kiefer in seiner Abhandlung, die den Untertitel "Joseph Roth und die Ambivalenz" trägt. Und in der Tat sind die vielen Ungereimtheiten und Widersprüche, die Biografen und Zeitgenossen im Leben des Publizisten und Romanciers ausgemacht haben, es wert, näher unter die Lupe genommen zu werden. War Roth nun ein Sozialist oder ein Reaktionär, war er Jude oder Katholik oder gar Atheist? Und wie ist es mit seinem Verhältnis zu technischen Neuerungen? Wie konnte zum Beispiel einer, der selbst an Filmideen arbeitete, das Medium Film so niedermachen? Fragen, die eine detaillierte Nachforschung rechtfertigen. Mit viel Schwung und einer pointierten Sprache hat sich Sebastian Kiefer dieser Thematik angenommen. Sein Buch, mehr dem Feuilletonstil als dem von manchen Roth-Amateuren als zu dröge empfundenen Forscherjargon verpflichtet, findet die Antwort auf die Widersprüche und wundersamen Wandlungen im Leben Joseph Roths im Begriff der "Ambivalenz", namentlich in einer für Roth, so Kiefer, charakteristischen "Ambivalenz im Verhältnis zu Ordnung" (S. 3). Natürlich ist dieser Begriff im Grunde nur ein Synonym für "Widersprüchlichkeit" und es überrascht auch nicht alles, was Kiefer in seiner Analyse an den Tag bringt; dennoch gefällt sein Buch. Und wem weder sein Stil noch seine Methodik wissenschaftlich genug sind, der lese eben Steierwald oder Düllo!
  • TITEL: Braver Junge - gefüllt mit Gift. Joseph Roth und die Ambivalenz.
  • AUTOR: Sebastian Kiefer
  • VERLAG: Metzler
  • ERSCHEINUNGSORT, -JAHR: Stuttgart/Weimar, 2001
  • PREIS: Euro 23,-
  • ISBN: 3476452581

Intensiver Blick hinter die Fassaden eines großen Werks

Buch online bestellen Höchste Zeit war es, dass sich jemand des gesamten Romanwerks Joseph Roths annahm. Denn zu vielen weniger bekannten und gleichwohl lesenswerten Romanen des österreichischen Autors, wie etwa "Zipper und sein Vater", "Rechts und links", "Der stumme Prophet" oder "Das falsche Gewicht", liegen bisher kaum Untersuchungen vor. Roth ist unzweifelhaft einer der wunderbarsten deutschsprachigen Erzähler und verdient es, sechzig Jahre nach seinem Tod im Exil mit einem derart umfangreichen Werk gewürdigt zu werden. Der Autor, ein Hamburger Literaturwissenschaftler, hat ein kleines Meisterwerk fabriziert, ein Meisterwerk schon allein an Fleiß und Ausdauer. Denn in seinem fast 400 Seiten starken Buch werden sämtliche Romane Joseph Roths in 16 chronologisch auf einander folgenden fundierten Einzelanalysen unter die Lupe genommen. Und das Niveau der Interpretationen verflacht nicht, es nimmt mit zunehmender Lesedauer eher noch zu. Dem Autor gelingt so ein fachmännischer Blick nicht nur auf das gesamte Oeuvre, sondern auch ein tiefer Blick in die Seele des Dichters. Die Ergebnisse, zu denen Mehrens bei seiner Betrachtungsweise kommt, können sich in jedem Fall auf ein sicheres Fundament gründen, auch wenn sein "christlicher" Fokus vielleicht manchmal ein wenig eng wirkt. Schade auch, dass der "Radetzkymarsch", vielleicht Roths schönstes Buch, in dem Kommentar ein wenig zu kurz kommt. Den Gesamteindruck, dass hier eine Arbeit vorgelegt wurde, die in der Roth-Forschung bislang ihresgleichen sucht und die künftig wohl jeder Roth-Interpret - ob Oberstufenschüler oder Uni-Professor - mit als erstes in die Hand nehmen wird, trüben diese geringfügigen Defizite allerdings kaum. Dem Roth-Kommentar gebühren, nicht zuletzt auch wegen der sprachlichen Meisterschaft, mit der das Großvorhaben bewältigt wurde, Anerkennung und die ungeteilte Aufmerksamkeit einer weiter wachsenden Roth-Fangemeinde.


  • TITEL: Vom göttlichen Auftrag der Literatur. Die Romane Joseph Roths. Ein Kommentar. (Vorwort von Helmuth Nürnberger.)
  • AUTOR: Dietmar Mehrens
  • VERLAG: Dietmar Mehrens/Libri BoD
  • ERSCHEINUNGSORT, -JAHR: Hamburg, 2000
  • PREIS: Euro 25,46
  • ISBN: 3831104727


Verdienstvolle Neuauflage

Der italienische Germanist Claudio Magris ist einer der brillantesten Köpfe der italienischen Literaturwissenschaft. In seinem Buch "Der Habsburger Mythos in der österreichischen Literatur", das nun seine 3. Auflage erfährt, beschäftigt er sich mit den bedeutendsten deutschsprachigen Autoren, die die k.u.k. Monarchie noch persönlich erlebt haben. Für die Neuauflage des Buches von Magris in deutscher Übersetzung - das zuletzt 1988 im Salzburger Otto-Müller-Verlag erschienen war - gebührt dem Wiener Verlag Zsolnay höchstes Lob. Denn das Werk, das sich Joseph Roth in einem eigenen Kapitel widmet, gehört in jede seriöse literaturwissenschaftliche Sammlung. Vielleicht kann sich Zsolnay ja noch entschließen auch Magris' Buch "Lontano di dovè" (dt. Europaverlag "Weit von wo", 1974) neu aufzulegen, das selbst in renommierten Fachbibliotheken kaum noch aufzutreiben ist.

  • TITEL: Der habsburgische Mythos in der österreichischen Literatur
  • AUTOR: Claudio Magris
  • VERLAG: Zsolnay
  • ERSCHEINUNGSORT, -JAHR: Wien, 2000
  • PREIS: Euro 23,50
  • ISBN: 3552049614
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Roth und die Nazis

Katharina Ochse ist nicht die Erste, die sich dieses heiklen Themas angenommen hat. Schon Wolf R. Marchand widmete sich in den siebziger Jahren dem Verhältnis des Dichters zum Nationalsozialismus und machte sogar Indizien für "völkisch-nationalistische Wertbegriffe" aus. Katharina Ochse ist in ihrer verdienstvollen Arbeit das Thema unter etwas anderen Vorzeichen angegangen und sieht daher auch manches anders als der umstrittene Interpret aus den Siebzigern. Ins Zentrum ihrer Untersuchung hat Ochse die im Hinblick auf die Themenwahl vielversprechendsten Romane "Das Spinnennetz" und "Tarabas" sowie den meisterhaften Roth-Essay "Juden auf Wanderschaft" gestellt. Schlüssig legt sie dar, dass Roth in der Beurteilung des Nationalsozialismus hellsichtiger war und schon früher die drohende Gefahr ortete als viele seiner schreibenden Zeitgenossen. Das sei, so die Autorin, namentlich dem Romanfragment "Das Spinnennetz" zu entnehmen. Schade, dass auch Ochse die in der Forschung weithin vernachlässigte Erzählung "Rechts und links" nicht angemessen würdigt. Die im Verhältnis zu Roths erstem Roman-Versuch sprachlich-stilistisch nicht ganz ebenbürtige, inhaltlich dafür besser ausgearbeitete Geschichte der Brüder Bernheim hat zumindest insofern mehr zu bieten als "Das Spinnennetz", als sie von Roth vollendet werden konnte. Erfreulich dafür die intensive Beschäftigung mit den "Juden auf Wanderschaft".
Ochses Erkenntnisse sind ganz sicher keine Offenbarung innerhalb der Roth-Forschung. Gleichwohl gebührt ihr das Verdienst dieses wichtige Thema gründlich aufgearbeitet und damit einen längst überfälligen Beitrag zur Roth-Forschung geliefert zu haben. Für Referate und weitere Untersuchungen zum Thema "Roth und die Nazis" führt an Ochse kein Weg vorbei!


  • TITEL: Joseph Roths Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus
  • AUTOR: Katharina Ochse
  • VERLAG: Königshausen und Neumann
  • ERSCHEINUNGSORT, -JAHR: Würzburg, 1999
  • PREIS: Euro 30,-.
  • ISBN: 3-8260-1327-1

(Leider nicht bei Amazon.de erhältlich.)


Obsolet

Im Gefolge des für ein wissenschaftliches Sekundärwerk vergleichsweise großen Erfolges des Roman-Kommentars "Vom göttlichen Auftrag der Literatur" von Dietmar Mehrens (siehe oben) haben gewiefte Buchhändler auch die 1997 im Marburger Tectum-Verlag erschienene Abhandlung „Der ‚religiöse Joseph’“ wieder ausgegraben und bieten sie in Internet-Börsen feil – allerdings ohne zu sagen, was den Leser hier erwartet. Denn bei allem Respekt für Mehrens’ frühe Forschungsleistung kann vom Erwerb dieses Buches nur abgeraten werden. Dem aufmerksamen Leser wird nämlich kaum entgehen, dass es sich bei „Der ‚religiöse Joseph’“ um nichts anderes als die auf Buchlänge angewachsenen Vorarbeiten zu dem 2000 herausgebrachten großen Kommentar handelt. Die drei Hauptkapitel der Arbeit, die sich mit den späten Romanen „Beichte eines Mörders“, „Die hundert Tage“ und „Tarabas“ befassen, finden sich in einer aktualisierten und um einen Exkurs erweiterten Fassung auch in Mehrens’ späterem Buch wieder, was diese ältere Veröffentlichung im Grunde obsolet macht, zumal Mehrens’ jüngeres Buch nicht nur viel umfangreicher, sondern dank des größeren Publikums auch preisgünstiger ist.
  • TITEL: Der "religiöse Joseph". Religiöse Motivik und Motivation beim späten Joseph Roth unter besonderer Berücksichtigung der Romane "Tarabas", "Die Hundert Tage" und "Beichte eines Mörders"
  • AUTOR: Dietmar Mehrens
  • VERLAG: Tectum
  • ERSCHEINUNGSORT, -JAHR: Marburg, 1997
  • PREIS: Euro 37,-
  • ISBN: 3896081284

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Der Zeitgenosse

So übertitelt man am allerbesten dieses Buch von Soma Morgenstern um das Charakteristische daran gleich hervorzuheben. Es ist zwar keine Biografie, die der 1976 in New York verstorbene jüdische Autor (»Funken im Abgrund«) hier vorgelegt hat, eher ist dieses Buch der Memoiren-Literatur zuzuordnen. Doch für Roth-Biografen ist es gerade deshalb eine unverzichtbare Quelle. In klarer Sprache und ohne das schulmeisterliche Wortgetöse, das wissenschaftliche Sekundärwerke oft zur unerträglichen Lektüre macht, lässt Morgenstern die Lebensstationen Revue passieren, in denen es zu intensiven Begegnungen mit Joseph Roth gekommen ist. Im Wien der Vorkriegsjahre trafen sich die beiden späteren Dichter an der Universität, wo sie sich bedrohlichen »alldeutsch«-nationalistischen Umtrieben gegenüber sahen, machten gemeinsam Ausflüge, frequentierten Cafés, diskutierten über Österreich, die Juden und Gott; später im französischen Exil begegneten sie sich wieder. So sind, gerade was diese Lebensabschnitte Roths anbelangt, Soma Morgensterns Erinnerungen ein unvergleichlicher Schatz für alle, die möglichst authentisch und hautnah mehr über das Leben und Leiden des großen Dichters erfahren möchten. Einziger Wermutstropfen ist der nicht gerade niedrige Preis von 34,- Euro.
  • TITEL: Joseph Roths Flucht und Ende. Erinnerungen
  • AUTOR: Soma Morgenstern
  • VERLAG: zu Klampen
  • ERSCHEINUNGSORT, -JAHR: Lüneburg 1994
  • PREIS: Euro 34,-
  • ISBN: 3924245355
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Konkurrenzloses Standardwerk

Die große Roth-Biografie von David Bronsen ist längst überall vergriffen und so bleibt dieses Büchlein von Helmuth Nürnberger ein konkurrenzloses Hilfsmittel für alle, die mehr über Österreichs großen Dichter des 20. Jahrhunderts wissen wollen. Daher darf dieser Band, trotz seines hohen Alters, auch auf dieser Seite nicht fehlen. Kurz und kompakt beleuchtet Nürnberger in seiner Monografie Roths wichtigste Lebensstationen: vom heimischen Brody über Wien und Berlin bis hin ins französische Exil, wo Roth 1939 verstarb. Und er versteht es, die einzelnen Etappen auf Roths Lebensreise mit Hilfe von Zitaten und Anekdoten zu veranschaulichen. Zahlreiche Fotos sowie eine Zeittafel runden diese derzeit einzige und daher unersetzliche Roth-Biografie ab.
  • TITEL: Joseph Roth - in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten dargestellt
  • AUTOR: Helmuth Nürnberger
  • VERLAG: Rowohlt
  • ERSCHEINUNGSORT, -JAHR: Reinbek bei Hamburg, 1981
  • PREIS: Euro 7,50
  • ISBN: 3499503018
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